poesophie


Herz Drei

Quer frontal über Dir
in naher, naher Distanz,
dieses Licht
sag' -
siehst du es nicht?

Wie es denkt und spricht,
wie es leuchtend lacht,
doch, war es denn so
abgemacht?

Dass du dich zwingst und keuchst
mit deinem Zwang die Luft verseuchst
dass du dich beugst und duckst
dich in dich selbst verguckst

Dass du flatterst und verzagst
eh' du das Fass aufmachst
dass du zwinkerst und nicht schaust
dir mir hier die Sicht verbaust

Dass du stolzierst anstatt zu gehen
dass du sitzt anstatt zu stehen
dass du trabst anstatt zu rennen
auf dass die Füße dir nicht brennen

Dass du nicht vermagst,
ihr zu versprechen
dir ein Herz zu fassen,
es in Drei zu brechen

Dass du gebrochen bist
du gebrochen bleibst
und dir die Sünden
mir hier verzeihst.

Sag' -
siehst du Es?









////////////

 


Ja?

Niemals mehr sollst Du schweigen
Wenn die Augen Dir der kalte Wind verschließt
Dich ducken lässt, weil Du Dich lässt
Von jemand, der Du nicht sein willst

Unerträglich wird es, ohne Spannung zu leben
Die innere nach oben gespannte Haltung
Überbrückt den gestauten Fluß der Langeweile
In Deinen Ängsten ob des Bald und Morgen

Ich sehe es jetzt, die niemals endende Tour
Wird zur Tortur, wenn sie nicht ist und tanzt
In Ihrer inneren, täglich neu atmenden Offenbarung

Starke Worte suchst Du, um Deine innere
Schwäche zu übermalen,
Doch ihre Farben der Oberfläche
Zerfließen, zerbröseln unter dem Druck
der unüberwundenen
der einschläfernden
der giftigen Regungen in den Bäuchen
Der Angst, der Gier, der Wollust

Sie zersetzen, welch Leichtes, den Lack aus
Blau und Grün
Ist das neue Rot
Nicht mehr Rot?

Kein Aber mehr,
Der Fluss, er steht nie
Brich's nicht übers Knie, weil sie
eingehüllt in die übermäßig wärmende Decke des überstirnten Seins
eingemauert in den fremdgesteuerten Bildern in Grenzen
übertönt durch Klänge voller Schall und Rauch
Es nicht aushalten

Hältst Du es aus?
Sorgst Du Dich, um Dich, 
um jeden Mann?
Liebst Du Dich, ja Dich, 
und jede Frau?



Die Flut
Gleich einem Fluss, fließe ich fort,
doch fließ' ich im Hier, fast nie nach dort,
durch diese Zäune, an jedem Ort,
geschieht es, vollzieh' ich's: an mir den Mord.

Die Form, die Weise, sie zählt dort nicht,
ob ich's verspreche – mein Wort, es bricht,
ich dringe nicht vor, in jene Schicht,
weil mir dort niemand und nichts verspricht.

Und doch, es ist, es ist dort wahr,
sie scheint, betrügt, diese Gefahr,
doch naht, nähert sich, ist schon so nah,
Oh, Flut! - wende mich, sei endlich da.

--

Bedingung
Wenn jeder statt der Waffen oder eines virtuellen Kriegsgangs
sein Instrument der Stimme suchte.
Wenn jede statt der Kaufgelüste oder der künstlichen Verwässerung
ihr Buch der Bücher fände.
Und wenn sie,
statt auf verwegener Fährte stehen zu bleiben,
verschwendend sich zu beenden

Mit ihren Händen
die Blätter ihrer Geschichten
mutig malend wendeten:

Die Welt klänge wie Poesie
Im nicht blutgetränkten
Rot.
 


--



Liebster Trainer
Irdisch menschlich gehend
auf langen, dunklen Pfaden
von Fragen übersät,
mit Unwissen beladen.

Dann Wegmarken entdeckt
die nichts und alles sagen
wo, mit wem und wie
soll mich das ich entladen?

Das Wollen, der Humor,
das Lernen und das Wagen,
die Quelle, die Musik,
wer hilft, sie aufzuladen?


--


Zeit

Du hast alle Zeit der Welt?

Du hast keine Zeit

Die Zeit ist eine Einbildung?

Du bist keine Einbildung



Du willst die Zeit überwinden?

Du kannst sie nicht überwinden

Weil es sie nicht gibt?



So nicht

Anders ist sie

An dem Gedanken geheftet im Jetzt

Losreißend zu Dir



Lässt du sie hier?

Und wenn Du gehst

Gehst Du
Mit mir?

Wisława Szymborska schrieb:
‚Wir wissen so viel über uns,
wie wir geprüft worden sind.‘

In der Zeit
Ist Zeit die Prüfung?
Wenn ja, wer bist Du?
Und wie viel
Zeit
Bleibt? 


--

Müssen
Sie hält und hält und hält dich
Schwarzschwere Barriere die sich
Durch dein Inneres gefressen hat
Dich durchdringt
Inne hältst du verweilst
Im Augenblick
Schaust du sie an

Ich will nicht weiter, sagt sie
Denn ich würde absterben in dir
Wenn du wirklich
Wirklich gehst

Deshalb wehrt sie sich so vehement
Auf Schritt und Schrei
Drehst dich weg von ihren
Immerzu gleichen Redewendungen
Weg auf dem Weg ins Getümmel
Des Nicht-Habens Sein-Wollens
Schüttelst sie ab erst langsam
Dann heftiger
Sie folgt dir nach

Bis, ja bis ihr am Abgrund steht
Es nicht mehr weitergeht
Und sie sich zu Dir dreht
Sagt und lacht: 
Leb‘ wohl, du solltest
Nach vorne 
kopfüber springend gehen
Doch dieses Mal
Bitte, bitte nicht -

Auf Wiedersehen!
 

---

Ganz ganz echt!
Eine Straße voller Menschen
Bunte Schaufenster darin 
Nur eines
Voller Gedanken und
Buchstaben locken
In bunten Ãœberschriften eingedichtet
Kinder
Ein Umschlag
Ein Bild
Eine Frage:
Hat Jesus Fußball gespielt?“

Gute Frage:
Welches Kind weiß da die Antwort?
Ein Kind, ein Mädchen
Mit zerzaustem wildem Haar
Zwölf, vielleicht auch noch ein Jahr
Steht neben mir
Schaut und sagt
Sie hat's gelesen und fürwahr:
Es lacht
Die Antwort?

Ja ja klar!

Er hat Fußball gespielt!
Gedribbelt und geschossen
und gegrätscht, das hat er auch
Sich seine Schnürsenkel geschnürt
die Haare gerauft,
Und dann, am Abend
Da hat er Reis mit Chili gegessen
Mit seinen Freunden
Mit seinen Freundinnen auch
Und schöne Dinge sagte er
Machte Vieles
Ganz ganz echt

Nur eines, sagt das Mädchen,
Nur eines, eines hat er nie gesagt,
Ich sag' es dir hier für verzeih':
Nämlich dass er ohne Erden-Papa sei.

Denn wer
nämlich
Humbug sagt vom H
Weißt Du's?
Nein, hier ist jetzt gar nichts klar. 

---


Wo willst Du leben?

Ist dies eine gute Frage?
Das scheint es nicht
An einem Ort leben
An dem wir sicher sind
Ohne die Anderen

Deren Antlitz zu sehen, wirklich zu sehen, scheint, wie der Philosoph Emmanuel Lévinas schrieb, wirklich das Entscheidende. Und das Wahre, das wir erleben könnten. Doch durch die über Jahrzehnte und Jahrhunderte stetig zunehmende Beschleunigung des Lebens sind wir nunmehr in einer digitalen Realität angelangt, in der die Vielheit der Stimmen und die Vielheit der weit entfernten Gesichter und zugleich die immer größer werdende Entfernung zu diesen Stimmen und diesen Gesichtern uns in eine negative Anspannung versetzen, die sich in Angst äußert. Negative Anspannung ist Angst, während die positive Anspannung, wie es scheint, das Vertrauen, die Hoffnung, die Liebe sind. Weil Letztere aber jenen Stimmen und Antlitzen eingeschrieben sind, die wir in unserem nahen Leben realisieren können, und diese Stimmen und Gesichter im digital-medialen Zeitalter, in dem Schallrufe aus der Ferne, die angst- wie die liebevollen, für uns eine geringere Geltung haben als jene der Distanz, ja deshalb hat, wer nicht in Nähe lebt, und sich von Liebe, Hoffnung und Vertrauen entfernt – Angst. 

Zu viel unnötige Angst?

Zu wenig, entschieden zu wenig
Es sollte noch viel mehr kommen
Von Dir

Denn die Auseinandersetzung mit der Welt
Ist wichtiger als das Persönliche
Ist es nicht so?

Ist es nicht so
Dass
Unrecht uns ständig umgibt
Und zugleich das Recht?

Dass
es kein Widerspruch ist,
dass Menschen
nicht miteinander leben können sollen dürfen?

Nur weil
Sie verschiedene, wunderbare, erhabene, geheimnisvolle Sprachen der Welt sprechen?
Nur weil
Sie deinen Gott, deine Religion nicht verstehen, die Du selbst nicht verstehst?
Nur weil
Ich sie anders anschaue, und sie in meinem Innern von mir wegdränge?
Nur weil sie
Keinen schriftlichen Beleg für ihr Leid und ihr vergossenes Blut vorzeigen können?
Nur weil sie
Einfach anders sind anders leben anders denken anders handeln
wie Du und ich?

Nicht nur?
Vielleicht noch deshalb:

Weil wir uns fürchten,
Fürchten vor der Welt, die uns erschlägt
Mit ihren immer neuen Dosen an
Unsicherheit
Ungerechtigkeit
Ungleichheit
Drängen gewaltsam hinein
In die Zwischenräume des dialogischen
Zusammen
Ohne Ungleichheit
In der Verteilung, von Macht, Reichtümern, Waffen
Humanen Lebensorten angstfreien Zeiten
An allen Seiten
Nicht nur hier

Ist es nicht so,
Dass Dinge wie diese
Dasein
Im Persönlichen bestimmen?
Im Nahen
Schließt sich der Kreis
Im Öffentlichen im Persönlichen offenbart
öffnen sich die Kreise
Neu gebildet

Vielleicht ist dies, dies hier
eine bessere Frage:

In welchen Kreisen willst Du leben?
 

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